Mental Load – Ein neuer Name für ein altes Problem
Nach dem Aufstehen, auf dem Weg zur Arbeit, nach der Arbeit… Im Kopf gehe ich durch, was erledigt werden muss, a.k.a. meine ewige To Do Liste. Seit letztem Jahr kenne ich auch einen neuen Begriff dafür: Mental Load.
Basics besorgen, Brot und Milch, vorher zur Apotheke und dann noch die Schwimmsachen packen für morgen. Und die Kleine geht morgen zu ihrer Freundin, da muss ich noch eine Nachricht an die Mutter schreiben. Ein Freundebuch liegt noch zuhause und das Wetter schlägt um – der Große braucht neue Schuhe. Jetzt habe ich schon wieder keinen Friseurtermin gemacht. Der Kindergeburtstag muss nachgeholt werden. Der Schulfotograf kommt: Klamotten waschen, bügeln, Schuhe putzen, Schultüte mitgeben. Was sollen wir eigentlich heute Abend essen? Was mache ich mit meiner Weiterbildung? Die Zielvereinbarung bis Ende des Jahres, ich muss noch zustimmen. Da kommt mir eine Idee für den Workshop. Am Samstag ist ein Kindersachenbazar – nee vergiss es Du bist am Vorabend bei einem 40sten Geburtstag – das wird bestimmt spät, heute Abend unbedingt Zähne nachputzen bei beiden, Training ist erst um 18:00 Uhr, hoffentlich hält das Wetter…
Wir denken einfach immer an alles Unerledigte
Im Wartezimmer unseres Kinderarztes steht ein Regal mit Büchern für die Eltern. In einem dieser Bücher – leider hab ich mir den Titel und Autor nicht gemerkt – geht es um Mediennutzung und deren Auswirkungen auf das Gehirn unserer Kinder. Beim Überfliegen bleibt mein Auge an einem Thema hängen.
Offensichtlich kann sich das Gehirn besser Dinge merken, die noch nicht erledigt sind, als Dinge die bereits abgehakt sind.
Und schon ist mir klar, warum ich die ganze Zeit an 100 Dinge, die erledigt werden müssen denke, aber wenn sie dann erledigt sind, nicht sagen kann, was ich den ganzen Tag gemacht habe.
Worum geht’s eigentlich? Einfach darum, an alles zu denken, was irgendwann erledigt werden muss. Die ständige Verantwortung. An alles für jeden in der Familie mitzudenken. Jede Kleinigkeit. Die großen wichtigen Sachen sowieso. Und weil es so viele verschiedene Dinge sind, an die du denkst, ist die Last der Gedanken ziemlich groß. Und das kostet Kraft. Für eine berufstätige Mutter, die zwischen den Welten hin und her wechselt, bedeutet es einen zusätzlichen Kraftaufwand. Wenn dann auch noch Geschäftsreisen hinzukommen und der organisatorische Aufwand zunimmt, heißt es dann nicht nur mental load sondern eher mental OVER-load.
Mütter sollten ab und zu mal für eine ganze Woche verreisen.
Es ist ja nicht so, dass die Väter nicht mithelfen wollen. Wenn du ihnen genau sagst, was sie tun sollen, dann machen sie es auch. „Sag mir einfach, was ich tun soll und ich mache es!“ Klare genaue Ansagen. OK, aber daran denken und organisieren muss ich es trotzdem. Dann bin ich immer noch voll drin, im mental load.
Ich musste sehr lachen, als mir eine Freundin mal erzählte, dass sie geschäftlich eine Woche verreisen musste und ihrem Mann eine ganze DIN A4 Seite mit detaillierten Anweisungen geschrieben hatte für alles was Kinder und Haushalt anging und er danach zu ihr sagte: „Du machst das alles nicht alleine, oder??“
Ich selbst bin auch nicht viel besser. Als ich das erste Mal geschäftlich 3 Tage unterwegs war, klebte ich Post-its in den Kleiderschrank, als ob niemand außer mir Pullis von Strumpfhosen unterscheiden kann. Meine Güte! Total un-locker und gluckig!
Wenn Väter einen Abend lang auf die Kinder aufpassen, dann machen sie nur das. Da wird nicht noch nebenher eine Ladung Wäsche gewaschen und aufgehängt, die Spülmaschine geleert oder der Müll weggebracht und Freundebücher ausgefüllt u.s.w.. Fährt Mama aber für ein paar Tage weg, dann fallen diese Dinge eben auf und an. Die Wahrscheinlichkeit, dass mehr gemacht wird, steigt.
Einfach mal liegen lassen
Nun ist mir in letzter Zeit irgendwann mal die Kraft ausgegangen. Und ich hab an manche Dinge nicht gedacht, hab sie schlicht vergessen oder manches ist liegengeblieben. Ich bin froh zu sehen, dass meine bessere Hälfte sich dann einschaltet und Verantwortung übernimmt.
Das ist vielleicht ein entscheidender Schritt gewesen, Verantwortung abzugeben einerseits und andererseits zu akzeptieren, dass nicht alles meine alleinige Verantwortung ist.
Andere Methoden
Als weitere Methoden, diesem mental load Herr zu werden habe ich folgende Pläne:
- Prioritäten setzen – was ist für mich wichtig?
- auf mich selbst achten
- mehr Struktur und Zeitmanagement
- Hilfe in Anspruch nehmen, delegieren
- weiter Verantwortung teilen
- gezielte Entspannung/gedankliches Abschalten für mich
- einfach auch mal nix tun (ist fast das gleiche)
- weiterer Austausch mit anderen Berufstätigen Müttern
Der letzte Punkt interessiert mich besonders. Welche Strategie hast du bei mental load? Ich denke oft über dieses Thema nach und spreche es oft bei anderen working moms an. Es wurde zeit darüber zu schreiben. Den Impuls für diesen Beitrag gab mir der Beitrag und Aufruf zur Blogparade MENTAL (RE)LOAD: DIE NEVERENDING TO DO LISTE auf dem Glücklich scheitern blog von Melanie.
Update Mai 2019: leider ist der blog von Melanie nicht mehr aktiv.
Oh mein Gott! Kannst du meine Gedanken lesen?!? Ich kann dir zu 100% zustimmen.
Selbst wenn ich nur EINEN Abend weg bin, hängt am Küchenschrank ein Zettel wo steht was/ wieviel und wann die Kinder essen. Alle notwendigen Handtücher, Schlafanzüge etc. liegen griffbereit und die Flaschen und Nuckel für die Nacht liegen schon neben den Betten.
Warum? Warum mach ich das? Macht das irgendwann mal einer für mich, wenn ich die Kinder habe?
Da wird erwartet von mir erwartet, dass es was zum Abendessen gibt (bloß kein Brot mit 0-8-15-Auflage, dass macht dick und ist langweilig). Gewaschene Kleidung landet von „Zauberhand“ immer in alle Schränke….
Hätte ich keine Liste (n) wäre ich SO verloren: Kalender, Einkaufsliste, Essensplan für die Woche, packliste fürs Wochenende bei Oma, und noch vieles mehr …
Vielen Dank für deinen ehrlichen Kommentar! 🙂
Gedanken lesen kann ich nicht. Ich beobachte nur, dass viele Mütter die gleichen Verhaltensweisen haben. Wir wachsen nach der Geburt täglich – eigentlich stündlich – in unsere Rolle hinein. Rund um die Uhr. Die Väter überlassen uns im gleichen Maß mehr und mehr. Irgendwann sind wir soweit und denken dann an ALLES, weil wir näher dran sind.
Ein bisschen weniger perfektionistisch sein, würde helfen und loslassen bzw. Verantwortung überlassen. Wenigstens ein bisschen für den Anfang. Bloß weil die Papas etwas anders machen, bedeutet es ja nicht gleich dass es falsch ist.